Über Och Nanjid

Ich heisse Oyuntsetseg Damdinsuren. In der Mongolei, wo ich aufgewachsen bin, werde ich «Tsetseg» gerufen – «Blumen».

In Ulan Bator habe ich meine Ausbildung zur diplomierten Pflegefachfrau abgeschlossen. Ich bin sowohl in der Stadt als auch in der Steppe gross geworden, stark geprägt von Natur, Traditionen und der Gemeinschaft.

Bei meiner Grossmutter Nanjid verbrachte ich viel Zeit. Sie war Heilerin. Sie kannte sich mit Kräutern und traditionellen Behandlungsmethoden aus. Spiritualität und Gemeinschaftssinn gehören in der kargen Landschaft zum Leben. Auch wenn der Weg zu einer kranken Person lang und beschwerlich war, genossen Nanjid und ich diese gemeinsame Zeit, in der wir zu Fuss unterwegs waren.

Eines Tages bekam meine Grossmutter von der Enkelin eine Postkarte aus der Schweiz. Nanjid erzählte mir von einem grünen Land mit hohen Bergen, wo ­– wie in der Mongolei ­–Edelweiss und Enzian blühten.

In meinem Herzen Nomadin, zog ich in die Welt hinaus. Ein paar Jahre war ich unterwegs. Ich schlug meine Zelte einige Male auf. Ich lernte andere Länder kennen, Sprachen und arbeitete in meinem Beruf.

In den Ferien besuchte ich meine Schwester, die in Zürich lebt und arbeitet. Und Grossmutter liess die Magie spielen. Morgen für Morgen lernte ich einen Mann besser kennen, der im Restaurant, wo ich meiner Schwester half, seinen Espresso nahm, bevor er zur Arbeit ging. Abends kam er oft mit einer Tasche frischem Gemüse vorbei, bevor er in seine Wohnung hinauf ging.

Noch bevor meine Ferien zu Ende waren, heirateten wir. Von diesem Moment an klingt mein mongolischer Name wie eine Melodie: Fiore Rubino.

Mein Mann Gaetano und ich sind Familienmenschen, engagierte Eltern und Grosseltern. Unsere Berufe sind uns beiden Berufung.

Im Herzen von Zürich führe ich meine eigene Praxis für Körpertherapien und -Pflege. Ich besuche Senioren bei sich zuhause, wenn sie nicht mehr so gut zu Fuss sind. Ich arbeite als leitende Diplomierte Nachtschwester in einem Altersheim und gebe Fitnesstrainings bei verschiedenen Grossunternehmen. Ich geniesse mein erfülltes Leben.

«NANJID – MEIN LEUCHTENDER STERN»

Noch heute ist Grossmutter Nanjid mein leuchtender Stern. Ihre Zuversicht, ihre positive Sichtweise und ihr Gemeinschaftssinn haben sich tief in mir eingeprägt. «Kinder sind unsere Zukunft, betagte Menschen die Vergangenheit», sagte sie, «und jeder Augenblick ist ein Moment zum Handeln».

Im Andenken an meine Grossmutter habe ich 2009 in der Schweiz den Verein Ochnanjid – Och Nanjid gegründet. Jeder Betrag hilft, in der Mongolei etwas zu bewirken. Wir setzen uns dafür ein, dass Kinder zur Schule gehen und eine Ausbildung machen können. Wir lassen in der Mongolei schöne Dinge von Hand produzieren und finanzieren durch den Verkauf hier in der Schweiz den Unterricht. Wir starten klein. Wir mögen es einfach und spontan. «Hier und jetzt, lieber heute als morgen» lautet unser Credo in dankbarer Erinnerung an meine Grossmutter in der kargen Steppe.

«FÜR BILDUNG UND GESUNDHEIT»

«Sich ehrenamtlich oder finanziell zu engagieren, macht das persönliche Umfeld zu einem besseren Ort, und man tut sich damit auch selbst etwas Gutes.»